Am Morgen stieg uns der typische Geruch in die Nase: wir hatten neben einer Erdölraffinerie genächtigt. Rumänien ist – vor allem im Süden – reich an Erdöl und -gas, welches oft in kleinen Raffinerien gleich vor Ort verarbeitet wird. Ebenfalls sieht man nicht selten Gas-Zapfstellen (ich weiss nicht wie man dem Ort sagt, wo das Gas, das man dort beim Bohren gefunden hat, aus der Erde kommt und in Rohre gefasst weitergeleitet wird) mitten in einem Feld, wo die hier gelb gehaltenen Rohre und Schieber mit einem Drahtzaun eingezäunt sind. Das Gas wird scheinbar direkt zu den Dörfern geleitet, wo die gelben Rohre auf der Strassenseite von Haus zu Haus geführt werden und an jedem Haus aussen ein Zähler montiert ist. Lorenz, als Feuerwehrmann, stehen ob solch offen liegender Rohre sicherheitsmässig die Haare zu Berge...nicht auszumalen was passiert, wenn infolge eines Unfalls ein Auto in eine Hausmauer rast und die Rohre beschädigt! Da ist dann Rauchen wirklich tödlich!
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Parkplatz-Ankündigung |
Da unser Nachtlager nur rund 70 Kilometer von Bukarest entfernt lag, war die erste Etappe in die rumänische Hauptstadt ziemlich kurz. Lorenz fuhr, ich war Copilot, wies ihn auf die richtigen Strassen und machte Fotos aus dem fahrenden Lastwagen. Auf der wahrscheinlich neuen Autobahn - wir fuhren laut Navi wieder mehrheitlich auf der grünen Wiese – waren viele Parkplätze und Raststätten ausgeschildert, alle mit Ein- und Ausfahrt...aber die meisten waren dann doch gesperrt. Auf einigen sahen wir Arbeiter, die aber ausnahmslos am Diskutieren waren. Sie warteten sicher zum x-ten Mal auf das Baumaterial, das schon auf dem Transport oder auch erst auf der Baustelle aus unerfindlichen Gründen verschwunden zu sein scheint.
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nicht vorhandener Parkplatz |
Die fertigen Parkplätze sehen alle gleich aus – Einheitsarchitektur des Toilettengebäudes und der Parkfelder – und werden alle von einem Autobahnparkplatzverantwortlichen sehr sauber gehalten und gepflegt. Einige dieser Männer pflegen «ihren» Parkplatz mit grosser Liebe, legen Rosenbeete an, stellen aufgeschnittene Plastik-Ölflaschen für die Zigarettenkippen auf und reinigen die Toilettenräume nach jedem Besucher.
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typische Verkehrssituation in Bukarest |
Wir hatten vor, in Bukarest das Parlamentsgebäude anzufahren. Es ist eines der grössten Gebäude der Welt, erbaut vom verblichen wordenen Alt-Despoten Ceaușescuin seinem Grössenwahn...er hat es natürlich nicht selber gebaut, sondern dafür die Arbeitskraft und das Geld seiner gebeutelten Untertanen benutzt. An sich war dieses Zwischenziel eine gute Idee,solltenwir so doch einen anderen, autobahnunabhängigen Einblick in das Landerhalten. Die Fahrt durch die Hauptstadt gestaltete sich jedoch alsrelativ schwierig, weil das Verkehrsaufkommen bedeutend und die Verkehrsregelung abenteuerlich sind. Wir missachteten geflissentlich die Fahrverbote für Fahrzeuge über 7.5, 5 und 3.5 Tonnen überall dort wo wir Stadtbusse, Armeelastwagen und Sattelschlepper durchfahren sahen und kämpften uns im engen Verkehr durch den Moloch. Unser LKW-Navi und mein über das Skyroam-Solis-WLAN verbundene Fairphone gaben unterschiedliche Anweisungen...das eine kannte einige Strassen nicht, das andere wollte uns durch kleine Quartierstrassen leiten. Am Ende standen wir aber doch auf dem Bulevardul Unirii,
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Parlamentsgebäude «Palast des Volkes» |
der Prachtstrasse direkt vor dem riesigen Gebäude und hielten mehrmals in unterschiedlichem Abstand von der Front des auf einer Anhöhe gelegenen Palastes in kopierter rumänischer Manier an bester Fotografieposition in der zweiten Reihe neben den geparkten Autos an, so dass wirFotos schiessen konnte. Da an ein permanentes Parken nicht zu denken war, setzten wir unsere Fahrt unverzüglich Richtung Constanta an der Schwarzmeerküste fort.
Da Lorenz den schwierigen erstenTeil des heutigen Fahrpensums durch die Stadt übernommen hatte, wechselten wir an der ersten Gelegenheit die Positionen und ich übernahm für den Rest der Strecke das Steuer. Die rund 180 km bis zur Küstenstadt, anfänglich auf gelinde ausgedrückt pitoyablem Betonplatten-Puzzle mit halsbrecherischen
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Trauscheinen - oder was davon übrig ist |
Schlaglöchern und jahrelang ungepflegter Oberfläche, was sich aber nach zwei Dutzend Kilometern in hervorragende Autobahn änderte, waren leicht zu bewältigen. Ich kopierte auf dem anfänglich schlechten Abschnitt den Fahrstil der lokalen Fernfahrer und fuhr mit dem rechten Rad auf dem Pannenstreifen und mit dem linken folglich mitten in der Fahrbahn. So was das Geholper erträglich und die Schläge verschmerzbar.
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Xoff am Steuer und am Rauchen |
Die gesamte Strecke lag im Gebiet des Donaudeltas und war entsprechend eben und mässig interessant. Erst als wir zwischen Fetesti und Medgidia dieDonau kreuzten und neben der Autobahn jeweils eine alteEisenbahnbrücke lag, Wasserwege sichtbar wurden, Schiffe auftauchten und in Constanta sogar der Blick auf eine grosse Hafen- und Schleusenanlage frei wurde, lohnte sich der Blick aus dem Fenster.
Die Donau fliesst bei Fetesti in zwei Armen und ist bei Hochwasser rund 13 km breit. Unter König Karl I. wurden Ende des 19. Jahrhunderts zwei Brücken gebaut, die an die Konstruktionen Maurice Koechlins,desAbkömmlings der Mulhousener Industriellen- und Bürgermeisterfamilie vom Büro Eiffel (er war massgeblich am Eiffelturm, an der Freiheitsstatue in New York und vielen anderen Konstruktionen beteiligt) erinnern. Leider hatten wir keine Gelegenheit, diese Brücken zu fotografieren – im Internet finden sich aber zahlreiche gute Aufnahmen (Anghel-Saligny-Brücke und Cernavodă-Brücke).
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Parkplatzsituation |
Constanta liessen wir aufgrund der Erfahrungen in Bukarest gleich links liegen (wir fuhren effektiv rechts daran vorbei) und zogen südwärts, in der Hoffnung einen Campingplatz zu finden, wo wir einen Ruhetag am Stromkabel verbringen können.
Zuerst steuerten wir auf's Gratwohl an die Küste, da auf unserer Karte dort viele Campingplätze eingezeichnet sind, verwarfen aber die spontane Idee rasch, weil der Küstenstreifen von kleinen Dörfern mit Wochenend- und Ferienhäusern gesäumt ist und mit einem Lastwagen denkbar schlecht zu befahren ist. Das Navi leitete uns nach dem ersten untauglichen Versuch zu einem in der Vorsaison logischerweise geschlossenen Zeltplatz – aber wir fanden etwas weiter vorne direkt am Meer einen grossartig gelegenen Parkplatz gleich vor einem gesc
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Schwarzmeer-Aussicht |
hlossenen und verlassen wirkenden Hotelkomplex, der architektonisch eher als Verbrechen denn als Meisterleistung bezeichnet werden kann. Da uns aber die Aussicht auf's Meer mehr interessierte als die Arbeit der Hochbauer, liessen wir uns dort nieder, richteten uns ein und bereiteten eine feine Rösti mit Spiegeleiern, die durch einen gesunden Salat mit Ruccola, Spinatblättern, Rotkohl, Tomaten und Birnen sowie den Resten des leckeren Sauerteigbrotes aus der Basler KultBäckerei ergänzt wurden. Ein Leuen Pale-Ale und Valentins exquisites Trockenfleisch machten aus demAbendessen ein Festmahl.
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Hintergrund unseres Nachtlagers |
Wir nutzten das restliche Tageslicht und montierten einige kleine Accessoires und klebten die von mir produzierten «Fahr-East» Aufkleber mit QR-Code auf beiden Seiten auf den Shelter.
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Aufkleber |
Etwas später merkten wir dann, dass dieser Standort nicht nur uns gefiel, sondern der örtlichen Jugend für ihre abendlichen Aktivitäten genauso dienlich war – diese fühlten sich jedoch durch unsere Präsenz gestört, sodass sie davon fuhren undihre Schäferstündchen wohl woanders abhielten.
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Ein Festmahl |
Jetzt schläft Lorenz selig, während ich voller Freude diese Zeilen in die Tastatur tippe und die heutigen Fotos entwickle...ach, es ist grossartig auf diese Weise unterwegs zu sein und ich freue mich schon auf Morgen, wenn uns neue Abenteuer erwarten. Als nächstes fahren wir nach Bulgarien, wo wir zum ersten Mal tanken werden...dann wissen wir endlich, wieviel «Moscht» unser Muni auf 100 km braucht.
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