Voraussichtliche Reisedaten

Freitag, 31. Mai 2019

31. Mai 2019 | Samarkand (UZ) | Sightseeing

Heute gab's wieder einmal meinen geliebten Schwarztee mit Milch(Pulver) und viel Zucker zum Frühstück und es war herrlich, konnte ich doch bis in den Abend aus der genialen «24»-Flasche (Danke Mylène!) davon trinken, weil er über 12 Stunden lang heiß blieb.

Und wieder war ein Stadttag angesagt, denn unsere beantragten e-Visa für Tadschikistan sind noch nicht bestätigt worden.
Lorenz und ich trennten uns nach einer kurzen gemeinsamen Taxifahrt beim Historischen Museum, das er besuchen wollte, während ich zum Ulug'Bek-Observatorium am anderen Ende der Stadt weiter fuhr.

Mirzo Ulug'Bek
Mirzo Ulug'Bek, der kongeniale Wissenschaftler und nicht sehr erfolgreiche Herrscher und Feldherr, Enkel des für seine Feldzüge und sein Reich berühmten Amir Timur, dessen Mausoleum ich gestern besichtigt hatte, begrüsste mich in Bronze überlebensgross auf der grossen Freitreppe, die zum Hügel des ehemaligen Observatoriums führte.
Oben auf dem Hügel steht ein Ensemble aus den ausgegrabenen und restaurierten Überresten des Observatoriums und einem ganz neuen, kleinen Museum im Stil der typischen Timoriden-Architektur des 15. Jahrhunderts.













heutige Anlage des restaurierten Observatoriums
Das Observatorium, das Ulug'Bek 1424-28 für die Astronomen seiner Medrese am Registon erbauen liess, wurde nach dessen Ermordung von religiösen Fanatikern zerstört und geplündert, die dort das «Grab der 40 Jungfrauen» proklamierten und damit grosse Profite erzielten. Erst 1908 fand der russische Archäologe Vyatkin Hinweise auf den ehemaligen Standort des Observatoriums und es gelang ihm, die unterirdischen Überreste zu finden und freizulegen.





Rekonstruktionsmodell 
Das ursprüngliche Gebäude war ein kreisrunder Bau von 30 m Höhe und einem Durchmesser von 46 m, in dessen Innern ein gigantisches Goniometer – ein senkrecht stehendes Kreissegment – von 40,21 m Durchmessern zur Beobachtung von Sonne, Mond und anderen Himmelskörpern diente. 









Querschnitt mit Blick auf das Goniometer
Das sextantenartige Instrument war mit einer unglaublichen Präzision in Nord-Süd-Richtung ausgerichtet, was mit modernen Messmethoden nachgewiesen werden konnte. Durch die Grüße und genaue Ausrichtung konnten exakte astronomische Beobachtungen gemacht werden, welche oft über Jahre dauerten.









Ulug'Bek beim Ablesen einer Messung
Überreste des Goniometers
So gelang dem grossen Team an Wissenschaftern unter anderem die auf wenige Gradsekunden genaue Bestimmung der Schiefe der Ekliptik (Winkel der Sonnenbahn zum Himmelsäquator), die Berechnung des Erdenjahrs auf weniger als eine Minute genau und die sehr präzise Bestimmung der Position von fast 1000 Fixsternen, die heute noch gültig ist und in der Wissenschaft genutzt werden kann.

Das Observatorium war Prototyp für die Observatorien «Jantar Mantars» des indischen Maharadscha Singh II. (18. Jhrh.) in Delhi, Ujjain, Jaipur, Mathura und Varanasi und die Grundlagenschrift «Zidsch-i Gurgani», die zusammen mit den Sterntafeln vom Astronomen Ali Al-Quschdschi vor der Plünderung gerettet und nach Konstantinopel überführt wurd, wo sie der westlichen Welt bekannt wurde, bildete die Grundlage für die moderne Astronomie. Das Werk, das von namhaften Wissenschaftlern übersetzt und überprüft wurde, konnte erst von Tycho Brahe im 16. Jahrhundert übertroffen werden.

Teil des Museums
In dem kleinen aber sehr umfangreichen und auch auf Englisch dokumentierten Museum werden Rekonstruktionsmodelle, Originalschriften, Erklärungen und weiterführende Informationen zum Mensch und Wissenschafter Ulug'Bek und dessen Mitstreitern sehr bekömmlich präsentiert, so dass ich mich trotz der vermeintlich geringen Exponatanzahl längere Zeit an der Stätte aufhielt und schwer beeindruckt in der gleissenden Mittagssonne meinen Weg zurück in die Innenstadt unter die Füsse nahm.





grossartige Handwerkskunst
Unterwegs kam ich an einer Häuserzeile vorbei, wo sich metallverarbeitende Kleinbetriebe eingerichtet haben und Gebrauchsgegenstände und Werkzeuge aus Blech und geschmiedetem Eisen und Stahl herstellen. 










Schmiede von Innen
Mit den versierten Handwerkern, deren Erzeugnisse mir ausserordentlich gefielen, kam ich leicht ins Gespräch und ich durfte ein paar der Werkstätten anschauen während sie versuchten, mir in usbekisch/russisch ihre Arbeit zu erklären. Wenn ich hier ein Haus bauen und einrichten müsste, wäre dort der richtige Ort um einige Teile zu kaufen.








Waschstelle neben der Strasse

christlicher Friedhof
Etwas weiter kam ich zu einem grossen Friedhof, der auf der Ablagerungsschicht etwas erhöht über der Hauptstrasse liegt und in einen christlichen und einen muslimischen Teil unterteilt ist. Zum christlichen Teil hat man kostenlos Zugang und ich durchmass das riesige Gelände mit seiner wild wachsenden Flora auf kleinen Trampelpfaden. 








Blick auf das Shahi-Sina-Ensemble
So gelangte ich an die Oberkante der Mauer, die den tieferliegenden, kostenpflichtigen Teil des Shahib-Sinda-Ensembles, eines aus sehr schön verzierten muslimischen Mausoleen bestehenden Friedhofs, umspannt und konnte einen Blick aus der Vogelperspektive auf die grossartigen Bauwerke und die angegliederte Moschee werfen und ein paar Fotos machen. Das ersparte mir die Eintrittskosten. Ausserdem fühle ich mich an wichtigen religiösen Orten nicht sehr wohl, da ich nie genau weiss, wie ich mich verhalten soll und ob ich durch meine Anwesenheit nicht das Verständnis und den Glauben der – hier – Moslems störe.


Verhaltensregeln für den Besuch
einer moslemischen Kultstätte
Hier waren Verhaltensregeln für den Besuch des sakralen Orts ausgeschildert, was meine Zurückhaltung für mein Empfinden bestätigte...ich bin halt ein sehr respektvoller Mensch und halte mich trotz der vielen Touristen, die diese Verhaltensregeln bestimmt nicht alle gelesen haben und sich wahrscheinlich auch nicht daran halten - beim Blick von der Mauer hatte ich jedenfalls dieses Gefühl als ich den dort anwesenden Touristen zusah wie sie sich aus meiner Sicht ungebührlich verhielten - meist zurück. In Shorts, einem verschwitzten T-Shirt und FlipFlops an betenden Moslems vorbei ein Heiligtum zu betreten ist einfach nicht meins…;)













Plastikplanen über den Ständen
So setzte ich meinen Weg Richtung Zentrum fort und wurde schon bald von einem Gewitter überrascht – es gelang mir jedoch noch vor dem grossen Regen an den Bauernmarkt «Siab Bazaar» zu kommen, wo ich mich vor den niederprasselnden Tropfen in eine kleine Kaschemme rettete und in Ruhe eine dieser feinen Nudelsuppen mit Brot ass. So gestärkt war mein Ziel in dem mittlerweile mit Blitz und Donner losbrechenden Gewitter das nächste Café, wo ich gemütlich mit ein paar Usbeken – wer hätte das gedacht – einen Schwarztee trank und ihre Witzeleien und interessierten Fragen genoss, während die Betreiber der Marktstände im Aussenbereich alle Hände voll damit zu tun hatten, die sich mit Regenwasser füllenden Seen auf den über den Ständen notdürftig gespannten Plastikplanen so zu entleeren, dass die Auslage im Sturzbach nicht geschwemmt wurde. Auf den Treppen ergossen sich die zusammengelaufenen Wassermassen in regelrechten Bächen auf die tiefer liegenden Ebenen und die Marktbesucher bekundeten grosse Mühe, in ihren leichten Schuhen den Tümpeln und Regenflüssen auszuweichen und nicht y«einen Schlappen zu ziehen», wie wir in der Schweiz den Tritt ins Wasser und folglich gefluteten Schuhen und nassen Socken nennen.

Nach dem grossen Regen schlenderte ich über den Markt, wo alles angeboten wird was in einem einfachen Haushalt gebraucht werden kann. Von Fahrrädern über handgemachte Seifen, Gemüse und Obst, Nüsse und Beeren, Stoffe und Bettwaren bis zu Kleidern, Fleisch, Körben und anderen Gefässen findet der Hausmann oder die Hausfrau alles was das Herz begehrt.








Gemüsemarkt

ein paar Himbeeren gefällig?

Hostel Bahodir Innenhof
Jetzt war es nur noch ein kleiner Fussmarsch bis zum Hostel Bahodir, wo ich den Rest des Nachmittags mit Vreni, Werner und Philipp bei – schon wieder! - Tee und interessanten Gesprächen verbrachte. Wir informierten uns über den Pamir-Highway und den Wakhan-Korridor, den Vreni und Werner wie wir befahren wollen, Werner erzählte von seinen Motorrädern und den Dragster-Rennen, an denen er als Helfer einer Nidwaldner Equippe teilnimmt und ich schwärmte von meiner ehemaligen Werkstatt und meinen Modellbooten.



Vrenis Kondor 350

Werner mit seiner Ducati 450 RT

Philipps BMW F800 GS
Werner und Vreni – sie ist eine begabte Schreinerin – fahren etwa die gleiche Strecke wie wir mit zwei Oldtimer-Motorrädern mit Ducati-Motoren, er eine Ducati 450 RT und sie eine Condor 350 wie sie von der Schweizer Armee verwendet wurde. Beide Maschinen sind von Werner total revidiert, auf einen technisch hervorragenden Zustand gebracht und für die Strapazen einer so langen und schwierigen Reise vorbereitet worden. Mir gefielen diese robusten und noch richtig nach Motorrad aussehenden Fahrzeuge sehr gut und ich war sehr beeindruckt von Werners Know-How und seiner gewissenhaften Art.

Registon mit Abendbeleuchtung
Gegen 20 Uhr trafen wir auf dem Registon-Platz, genau zur richtigen Zeit für die abendliche Beleuchtung der Medresen, zwei schon etwas ältere französische Reisende, die in sieben Monaten mit indischen Royal Enfields von St Tropez nach Bali fahren, um mit ihnen zusammen Essen zu gehen. Auch dieser Programmpunkt in meinem Tag war sehr interessant und gut und lustig.







Registon by Night

Müde von einem ereignisreichen Tag fand ich nach mehreren Versuchen einen Taxifahrer, der mich zum Standplatz unseres Muni chauffieren wollte, obwohl ich ihm keine genaue Adresse angeben, sondern nur auf der Karte von Tante Google meinen gespeicherten Parkplatz zeigen konnte. Lorenz und ich tauschten uns über unsere Erlebnisse aus und beendeten damit einen tollen, schönen Tag.

Donnerstag, 30. Mai 2019

30. Mai 2019 | Samarkand (UZ) | Amir Timur und Ulug'Bek, zwei grosse Namen

Es war schon um 8 Uhr heiß, als ich in der näheren Umgebung einen Laden suchte um Zucker, Wasser und Zigaretten zu kaufen und einen Tee zu trinken. Im Café, das ich fand, bereitete eine Frau frittierte Spezialitäten zu, die die Einheimischen zum Frühstück assen und mir so kurz nach dem Aufstehen eher Abscheu wegen des Frittierölgeruchs erzeugten. Ich kann mir nun vorstellen, was meine Schülerinnen und Schüler, die morgens um 7.30 Uhr schon nach Frittiertem rochen, wohl zum Frühstück gegessen hatten. Hier trinken die Männer im Café wirklich Kaffee...Nescafé, wohlgemerkt...in Original Nescafé-Tassen. Da ziehe ich den Schwarztee definitiv vor, auch wenn's keine Milch dazu gibt...dafür rühre ich umso mehr Zucker hinein...hihi.

Noch heisser war es, als wir etwas später in ein Taxi stiegen und uns in die Innenstadt mit ihren Sehenswürdigkeiten fahren liessen. Es gibt hier zwei Arten von Taxis: die legalen und die illegalen. Der Preis ist der selbe: 5000 Min Som, was etwa -.65 CHF entspricht. Bei den illegalen werden einfach alle Plätze mit verschiedenen Fahrgästen belegt...Sammeltaxis würden wir sagen. Bei diesen kann eine Fahrt dann auch etwas länger dauern, wobei der Preis ja gleich bleibt.

Gur-Emir-Mausoleum
Wir stiegen beim Gur Emir-Mausoleum aus, das in einem Park liegt, der scheinbar in kürzester Vergangenheit angelegt und gestaltet wurde. Zumindest liess die Anlage das vermuten, denn die Wege waren ganz frisch asphaltiert und die Grünflächen saftig grün mit einem satten Rasenteppich bewachsen und gut gepflegten Bäumen bepflanzt.

Das Reich Timurs
Das Mausoleum ist dem grossen Herrscher Timur oder Temur ibn Taraghai Barlas (auch bekannt unter dem Namen Tamerlan, was von «Timur der Lahme» kommt. Dieser Name, den er im Arabischen trägt, rührt von der Lähmung, resp. Immobilität seiner rechten Extremitäten, deren Ursprung von Verwachsungen am Knie und an der Schulter sowie einer Pfeilverwundung an der rechten Hand kommen) gewidmet, der von 1336 bis 1405 gelebt und ein riesiges Reich erobert hatte, dessen Zentrum Samarkand war. 1394 erstreckte sich sein Reich überTeile des heutigen Iraks mit Bagdad,denIran,Aserbaidschan,Usbekistan,Armenien,Georgien, Syrien und dieTürkei.Vier Jahre später eroberte er Delhi. 1402 besiegte er das osmanische Heer vernichtend und erlangte auch in Europa Berühmtheit.

Keramikornamente überall
Er hatte sich auf die Fahne geschrieben, das Reich Dschingis Khans (13. Jahrhundert) wieder aufleben zu lassen und wieder herzustellen. Deshalb nannte er sich selber «Gurkani», was Schwiegersohn bedeutet und darauf hinweisen sollte, dass er eine Nachfahrin von Dschingis Khan geheiratet und sich somit in die Familie des grossen Herrschers eingefügt hatte.
Auf seinem letzten Feldzug gegen das Kaiserreich China in der Ming-Dynastie verstarb er aber schon in der Stadt Shymkent nach einer durchzechten Nacht wohl an einer Alkoholvergiftung. Als Herrscher war er brutal und tyrannisch, zeichnete sich aber auch als grosser Kunst- und Literaturförderer aus.

Innenraum des Mausoleums
Das Mausoleum gilt als das herausragendste Beispiel der sogenannten doppelschaligen Kuppel, die von den Timuriden entwickelt worden war. Es war schon vor dem Tod Timurs in Auftrag gegeben worden und ursprünglich für dessen Lieblingsenkel Muhammad Sultan gedacht, der 1402 in der Schlacht von Angora gefallen war. Es war Vorbild für die Grabmäler Humayuns in Delhi und den Tadsch Mahal in Agra, die von den grossen Moguls, den Nachfahren Timurs, später erbaut worden sind.





Stalaktitbogen am Eingangsportal
Das Gebäude ist von Aussen sehr imposant und besticht durch seine farbigen Fliesen und die kunstvoll geformte Kuppel. Im Innern ist Timurs Sarkophag aus dunkelgrünem Nephrit-Stein neben den Grabstätten anderer Familienmitgliedern und wichtigen Persönlichkeiten aus dem Umfeld des Herrschers platziert, darunter der wenig erfolgreiche Herrscher und herausragende Wissenschafter Ulug'Beg, nach dem ein Asteroid und ein Mondkrater benannt sind und der das berühmte Observatorium von Samarkand sowie eine der drei Medresen am Registan, den ich weiter unten beschreibe gegründet hat. Er berechnete mit zwei Kollegen das siderische Jahr mit einer Abweichung von nur 58 Sekunden zum heute geltenden Standard!

Es wurde nach dem 2. Weltkrieg von russischen Fachleuten restauriert und erstrahlt heute nach weiteren Restaurationen in grossartigem Glanz.

der Registan-Platz

Ulug'Bek-Madrasa
Von diesem Mausoleum ist es ein nur wenige Minuten dauernder Fussmarsch bis zum Registan, einem der schönsten Plätze Mittelasiens. Dieser grosse Platz war das Zentrum des antiken Samarkand und ist auf drei Seiten von den schönsten Gebäuden eingegrenzt, die ich je gesehen habe. Die drei Medresen, Schulen für islamische Wissenschaften, wurden Anfang 15. und Anfand und Mitte des 17. Jahrhunderts erbaut. Die älteste, die links auf dem Platz stehende Ulug'bek-Madrasa war im 15. Jahrhundert eine der angesehensten Universitäten in der gesamten muslimischen Welt. 

Blick in einen der Innenhöfe
Wie die drei anderen besteht sie aus einem zweistöckigen Gebäude um einen grossen Innenhof. Darin befinden sich eine Moschee, Lehrräume und die kleinen Zimmer der Studenten, die heute zum grössten Teil als Verkaufsräume für Souvenirs, Stoffe und allerlei andere Waren sowie Cafés und Imbissstuben dienen. Einige sind «original» eingerichtet und sollen einen Eindruck von der ursprünglichen Nutzung vermitteln. 






kunstvolle Verzierung von Minarett und Kuppel
Besonders bemerkenswert ist die Gestaltung und Verzierung der Moschee, deren Stalaktitbogen, Wände und Decken mit goldenen Kacheln ausgestaltet sind und ein wunderbares warmes Licht erzeugen. Ornamente und kaligrafische Schriftzüge, Reliefschriften und kunstvoll gearbeitete Keramikbänder fügen sich zu einem überwältigenden Gesamtbild zusammen und liessen mich ehrfürchtig verharren.






Innenhof mit Baumbestand
Die Innenhöfe von zwei der drei riesigen Gebäude sind mit schattenspendenden Bäumen bepflanzt, wo sich heute die Touristen in Ruhe auf Bänken der umwerfenden Schönheit widmen können.










Gärtnerinnen vor imposanter Kulisse
Wie muss es sich wohl angefühlt haben, in einer der drei Universitäten studieren zu können oder dürfen! Ob die Studenten die gleiche – oder gar noch eine grössere! - Begeisterung empfanden, die ich heute gefühlt habe, als ich voller Ehrfurcht und Freude durch die Portale, die Korridore, die Innenhöfe, unter den goldenen Kuppeln und in die kleinen, engen Wohnräume geschlendert bin?






Moschee in einer der Medresen
Verkaufsstand in einem Torbogen
Wie haben sich wohl die Handelsreisenden einer Karawane gefühlt, als sie nach vielen Hundert Kilometern durch trockenes, ödes und lebensfeindliches Land plötzlich vor all der Pracht dieser Gebäude standen, ihre röhrenden Kamele um die Last der Handelswaren erleichterten, sie zum Wasser führten und von der Schönheit der Architektur wahrscheinlich schier erschlagen wurden?
Was für eine Ehre muss es für Gelehrte gewesen sein, hier zu dozieren und zu realisieren, dass Schönheit oft unerklärlich und nicht zu begründen ist?

Xoff, der kleine Tourist vor grosser Kulisse
Innenhof der Medrese mit den Tigern
Ornamente überall
Ein wenig verliert das Ensemble an entrückender und verzückender Pracht durch die den Bedürfnissen heutiger Touristenhorden angepasste Umgebung, das oft achtlos erscheinende selfieorientierte Dokumentieren und in einer Erledigungsmentalität vollzogene Abschreiten eines von der Anlage vorgegebenen imaginären Pfads durch Menschen, die wahrscheinlich mit der gleichen wohlkontrollierten Begeisterung durch eine der in unmittelbarer Umgebung geplanten klimatisierten Super-Malls schlendern würden. Natürlich gibt es auch sehr viele BesucherInnen, die den Feinheiten, der herausragenden Schönheit und überhaupt dem im historischen Zusammenhang erstaunlichen Komplex mit ehrfürchtiger und tiefergriffenem Respekt begegnen, auch wenn sie - wie wir - angesichts der drückenden Hitze in Flipflops und Hippie-Shorts daherkommen. Und natürlich konnten auch wir es nicht lassen, vor der zeitlosen Schönheit ein Erinnerungsbild von uns unvollkommenen, unrasierten und vom Stadtbummel verschwitzten Individuen zu machen.
Kuppel-Inneres
zweiter Innenhof
Front mit den Tigern
Raum eins Studenten im 19. Jahrhundert
Verkaufsstand
Im unweit von Registan entfernten Hostel Bahodir, das alljährlich auch einigen Teams der Mongol-Ralley als Unterkunft dient, trafen wir darauf Vreni und Werner aus Nidwalden und Philipp aus Deutschland, die seit wir sie in Tiflis kennengelernt hatten, zusammen mit ihren Motorrädern unterwegs gewesen waren. Im dicht begrünten schönen Innenhof des liebevoll eingerichteten Hostels tranken wir Tee, tauschten uns über die Erfahrungen der vergangenen Wochen aus, besprachen mögliche Gemeisamkeiten der bevorstehenden Route über den Pamir-Highway und ich erhielt Hilfe beim Stellen des e-Visum-Antrags für Tadschikistan. Philipp wird noch weiter acht (!) Wochen in Usbekistan weilen und Vreni und ihr Vater Werner nehmen mit ihren Ducati-Motorrädern – also eigentlich einer Condor mit ihrem Ducati-Motor und einer waschechten Ducati Geländemaschine – die gleichen 1200 km in Angriff wie wir es vor haben.Vorher geniessen wir aber, bis die Bestätigung unserer Visa-Anträge eingetroffen ist, die heisse und lebendige Stadt Samarkand und decken uns mit Lebensmitteln und anderen notwenigen Dingen ein.

Morgen möchte ich einen der grössten Basars Usbekistans besuchen und mir weitere antike Sehenswürdigkeiten ansehen...ich werde wie gewohnt berichten und Euch vielsilbig auf dem Laufenden halten.

Mittwoch, 29. Mai 2019

29. Mai 2019 | Saryagash (UZ) - Samarkand (UZ) | 292 km

Schafherde im Hügelland
Der Lastwagenparkplatz gleich hinter der Grenze zwischen Kasachstan und Usbekistan war um 7 Uhr in der Früh praktisch leer und die Sonne begann unbarmherzig zu braten...mich schletzte es um halb Acht aus dem Bett. Ich liess Lorenz seinen Schönheitsschlaf und wollte in der Kaschemme bei zwei netten Damen einen Tee trinken gehen. «Schwarztee» konnte ich bestellen, den Rest, den sie sagte verstand ich nicht und prompt hatte ich drei gut gebratene Spiegeleier und drei dicke Scheiben einer sehr salzigen Wurst vor mir stehen. Und den Tee, natürlich.
Als eigentlich Nichtfrühstücker und Wennschonsüssfrühstücker kriegte ich die Wurstscheiben einfach nicht runter, aber die Spiegeleier genoss ich trotz der eher knusprigen Konsistenz…;)
Nach einer zweiten Kanne Tee war dann auch Lorenz wach und wir machten uns und den Muni für die heutige Fahrt Richtung Samarkand bereit. Er reparierte den Ablauf des Spülbeckens, der sich gestern während der Fahrt losgeschüttelt hatte, ich ramassierte all mein Zeug zusammen und machte den Kontrollgang ums Fahrzeug.

Junge Männer beim Bad in einem Bewässerungstümpel
Die Strecke führte uns durch sehr stark besiedeltes und landwirtschaftlich intensiv genutztes Land entlang der Grenze zu Kasachstan durch die Städte Chinoz und Guliston und von dort gleich zur Grenze mit Tadschikistan, die nur rund 40 km entfernt liegt. Usbekistan ist an dieser Stelle sehr schmal und Tadschikistan und Kirgistan sind grenzässig stark mit Usbekistan verflochten...manchmal führen die kürzesten Wege durch mehrere Länder, was wir natürlich nicht nutzen können, denn so einen komplizierten Grenzübertritt wie gestern machen wir nicht freiwillig jeden Tag mehrmals.

Überquerung des Syrdarya, dem wir schon
in Kasachstan gefolgt sind
Zwischen Guliston und Jizzax fuhren wir etwa 30 km praktisch auf der Grenzlinie mit Tadschikistan, bevor wir dann ins Hügelland Richtung Westen gelangten. Auf der ganzen Fahrt begleitete uns die Bergkette «Tadschikische Chrebet», ein imposantes Gebirge mit Gipfeln bis auf 4000 m.ü.M., das sich unmittelbar aus der flachen Steppe im Süden Kasachstans erhebt. Hinter dieser Bergkette werden wir in ein paar Tagen Richtung Duschanbe in Tadschikistan fahren.

Passstrasse zur Hochebene
Gegen Samarkand stieg die Strasse über einen kleinen Pass auf eine Hochebene, wo die Vegetation farbmässig schlagartig von gelb-braun ins Grüne wechselte. Hier muss nicht mehr bewässert werden wie in der Ebene unten, wo jeder Acker mit ausgeklügelten Bewässerungs-Kanälen versehen ist und überall bringen grosse und kleine Kanäle das Wasser aus den Flüssen, die aus den Bergen kommen, zu den Feldern.
Auf der Hochebene finden sich riesige Getreidefelder und in der Nähe von Samarkand stehen sehr grosse Getreidespeicher wie ich sie noch nie gesehen hatte.


Aufgefallen ist uns auch, dass hier zum ersten Mal seit Georgien die Bahnlinien elektrifiziert sind...und man sieht viele Züge – vornehmlich Güterzüge – durch's Land fahren. Dafür sieht man viel weniger Lastwagen als in Kasachstan.

Der Verkehr ist relativ wild und man muss sehr aufmerksam sein, denn es wird rechts und links und zwischen den Autos überholt, es wird gehupt und gestikuliert..aber es fährt sich trotzdem angenehm und flüssig durch das Land und durch die Städte.
Drängelei hinter dem Mähdrescher-Konvoi
Auf der grossen Überlandstrasse mussten wir heute längere Zeit hinter einem Konvoi aus 10 Mähdreschern fahren, die von Polizeifahrzeugen eskortiert wurden. Sie fuhren auf der linken Spur der vierspurigen Strasse und der restliche Verkehr zwängte sich rechts vorbei, was zeitweise sehr spannend und manchmal auch gefährlich aussah. Passiert ist aber zum Glück nichts...irgendwie schaffen sie es immer wieder, aneinander vorbei zu kommen. Wir konnten an einer breiteren Stelle dann auch überholen und unsere Fahrt etwas zügiger fortsetzen.



grosse Felder auf den Hügeln
Aber wir hatten auch ein Teilstück von rund 100 km zu fahren, das in einem erbärmlichen Zustand war und unser Lastwagen sprang manchmal regelrecht von einer Schanze zur nächsten...so kam es einem zumindest in der Kabine vor. Ich habe manchmal das Gefühl, dass gewisse Strassen absichtlich nicht gepflegt werden, damit der Verkehr auf andere Strecken ausweicht.

PET-Sammlung auf usbekisch
In Usbekistan wird übrigens auch PET gesammelt. Das funktioniert so: der Konsument wirft seine PET-Flaschen beim Fahren aus dem Fenster, welche dann von Männern mit Eselkarren oder Autos eingesammelt und zu einer Hauptsammelstelle gefahren werden.









lauschiger Standplatz beim Schulbuch-Spediteur
In Samarkand wollten wir einem Tipp, den wir vom englischen Fahrer des gelben Busses von gestern erhalten hatte, folgen und mischten uns in den Verkehr der Innenstadt. Aber es stellte sich heraus, dass der besagte Parkplatz für uns ungeeignet war, da wir ja im Fahrzeug übernachten wollten. So suchten wir weiter, was hier in Usbekistan gar nicht einfach ist, da es kaum Lastwagen-Parkplätze entlang der Strecken hat wie in Kasachstan. In einem Industriegebiet wurden wir jedoch fündig: bei einem Schulbuch-Spediteur durften wir, nachdem Lorenz gefragt hatte, weil das Gelände gross und für uns ideal aussah, unseren Muni hinstellen. Praktisch die gesamte Belegschaft kam unser Fahrzeug anschauen und sie diskutierten angeregt über die beiden Schweizer mit ihrem Hotel auf Rädern. Viele Fragen wurden gestellt und so gut es ging beantwortet...der Vizedirektor ist wie Lorenz ein angefressener Backgammonspieler, was natürlich sofort in einem kleinen Turnier gipfelte. Unser Standplatz ist sehr schön gelegen neben einem Aprikosenbaum und neben einer Weinreben-Pergola. Im Garten wachsen viele Rosen und trotz des industriellen Umfelds singen viele Vögel ihre Abendlieder.
Büro, Backgammon und Abendstimmung

Jetzt, gegen Abend, wenn die Sonne sich dem Horizont nähert und der Wind auffrischt, wird es langsam kühler und wir können den aufgeheizten Shelter durchlüften. 











Getränkestand am Strassenrand
Tagsüber ist es hier auch Ende Mai schon sehr heiß und der Wind bläst wie ein heisser Föhn zum geöffneten Fenster der Kabine herein wenn wir fahren. Das erhöht natürlich unseren Trinkwasserverbrauch drastisch und ich freue mich immer wieder auf eine kalte Cola wenn ein kleiner Laden an der Strasse sich zum Halten anbietet.









21. Juli 2019 | Basel | Danke!

Rumänien - Constanta Ich sitze knappe 48 Stunden nach unserer Rückkehr in die Schweiz gemütlich in Susannes Wohnzimmer bei einen Schw...