Voraussichtliche Reisedaten

Sonntag, 19. Mai 2019

19. Mai 2019 | Актобе (Aqtöbe) - Карабутaк (Qarabutaq) (KZ) | 279 km

Mustafa, Xoff & Lorenz (hinter der Kamera)
Das Frühstück fand heute zu dritt statt: Mustafa, ein türkischer Fernfahrer, der ebenfalls auf dem Platz der Автокомбинат #1 («Avtakombinat namer odin», Autokombinat Nummer eins)übernachtet hatte, liess sich zu einem Чай («Tschäi», Tee) einladen und genoss ein paar Minuten Gespräch und Austausch mit zwei verrückten Schweizern, die mit einem neuen Lastwagen in die Mongolei fahren. Neu? Ja, neu! Mit 89'000 km ist hier ein Lastwagen neu. Mustafa kaufte seinen MAN aus Holland z.B. mit 2'000'000 km und hat mittlerweile 2,5 Millionen km auf dem Tacho...alles mit dem ersten Motor ohne nennenswerte Reparaturen. Auch die anderen Fernfahrer fahren Lastwagen, von denen keine unter einer Million km auf dem Kilometerzähler hat.

Dann machten wir uns bereit, starteten zur Abwechslung mal den Generator schon von Anfang an um ihn während der Fahrt laufen zu lassen und zu schauen, ob er unsere grosse LiFePo-Batterie zu laden vermag – die war während der ganzen Fahrt noch nie voll und wir konnten nicht einmal den Kühlschrank bei bestem Sonnenschein auf den Solarpanels einen Tag lang laufen lassen ohne dann in der Nacht das störende Warnpiepsen für sehr niedrige Ladung ertragen zu müssen. Da ist ganz klar irgendwo ein Kriechstrom, denn trotz ausgeschalteter Verbraucher verliert der Akku immer an Spannung.

Zum Abschied rauchte ich mit dem Torwächter des Автокомбинат #1 eine meiner selbstgedrehten Ziagretten (mir geht langsam der feine französische Bio-Tabak ohne Zusatzstoffe aus!) und dann brausten wir davon – nein, wir fuhren nur quer über die Strasse und liessen dort unseren Abwassertank von der Küchenspüle ablaufen, wo das Wasser gierig von staubtrockenen Strassenrandboden aufgesogen wurde – und DANN brausten wir davon. Richtung Süden. Richtung Aralsee.

Bis zum Schiffsfriedhof in Dzhambul sind es rund 600 km. Auf dieser Strecke hat es auf unserer Karte 8 Ortschaften eingezeichnet. Die Hälfte der Strecke wäre eine Strasse zweiter Klasse, gelb ausgezeichnet auf der Karte.

Bevor wir aber diese grosse Strecke mit sehr wenig Zivilisation unter die Räder nahmen, statteten wir dem Baumarkt, wo wir gestern das Gitter für den Scheinwerferschutz gekauft hatten, noch einmal einen Besuch ab und erstanden vier Meter Gartenschlauch für umgerechnet 2.50 CHF sowie sieben Schliessriegel für unsere Schränke inkl. Schrauben für 2300 Tenge (ca. 5.70 CHF).

Jetzt konnte es losgehen!

eine der wenigen Stellen, wo Wasser sichtbar ist
Schon bald merkten wir, dass die ausgewählte Strasse, auf den ersten rund 100 km eine Ersteklasse-Strasse, in einem erbärmlichen Zustand war. So kehrte wir nach etwa 25 km asphaltierter Rüttelpiste um und entschieden uns, den etwas weiteren Weg über Карабутк (Qarabutaq) zu nehmen, denn es kam uns kein einziger Lastwagen entgegen – ein untrügliches Zeichen für eine bessere Strasse in der gleichen Richtung. Da wir auf den uns bevorstehenden 600 km nur eine Möglichkeit gehabt hätten, nach rund 350 km auf die andere Strasse zu wechseln, haben wir bestimmt die richtige Entscheidung getroffen. So eine Rüttelpiste wie wir sie von Saratov bis an die kasachisiche Grenze hatten – und die war «nur» etwa 180 km lang – wollten wir uns nicht noch einmal antun.

Also führte uns der Weg zuerst Richtung Osten nach Хромтау (Chromtau) und dann weiter nach Карабутaк (Qarabutaq). 279 km mittelmässiger 1.Klass-Strasse, die unseren Muni einige Male richtig schön aufschaukeln und fast abheben liess...aber das nehmen wir mittlerweile gelassen...es gehört einfach dazu und wir machen das ja freiwillig…;)

vom Warten entnervter Automobilist
Unterwegs fotografierte ich endlich einmal einen dieser Parkplätze mit Rampe um den Unterboden seines Fahrzeugs kontrollieren zu können...und es war sogar jemand mit seinem Auto auf die Rampe gefahren (ich vermute, Lorenz hat auch diesen Fototermin organisiert, denn er kam auf der anderen Strasse auf die Idee, umzukehren...wahrscheinlich hatte er gemerkt, dass wir in die falsche Richtung fuhren...und der Herr mit seinem Auto sah auch ein wenig entnervt aus, hatte er doch recht lange auf uns warten müssen wegen des Umwegs)



Tausende Kilometer sagenumwobener gepflügter Seitenstreifen
Ebenfalls lichtete ich diesen ominösen Seitenstreifen ab, der definitiv NICHT, wie uns der Junge in Aqtöbe weismachen wollte, zum Anpflanzen neuer Vegetation gepflügt wurde, denn da wächst nirgends etwas, das nicht auch von alleine wachsen würde. Es ist uns also nach wie vor ein Rätsel, warum sich in Russland (übrigens auch) und in Kasachstan die Strassenmeisterei die Mühe macht, an Tausenden von Kilometern Strasse links und rechts eine 5 m breiten Streifen zu pflügen.




Abraumhalden aus der Ferne
In Хромтау (Chromtau) fielen mir die Abraumhalden auf, die mindestens 30 Meter hoch aufgetürmt sind und in dieser flachen Steppengegend regelrecht aus der Landschaft stechen. Da muss etwas abgebaut werden! Es waren Schächte zu erkennen, dazu war das Dorf recht gross...also wohnen dort Bergbauarbeiter. Der Friedhof war auch ziemlich gross und im Gegensatz zu den anderen Friedhöfen, die wir bisher in Kasachstan gesehen hatte, nicht muslimisch, sondern christlich...also muss das ein Bergwerk aus sowjetischer Zeit sein, wo vornehmlich Russen arbeite(t)en. Ein Blick auf Tante Googles Mappen erhellt den Geist: Tag- und Bergbau! In Chromtau wir (sic!) Chrom abgebaut.

...von näher
...daneben eine schöne Strommasten-Installation
...und des Rätsels Lösung: Tagbau!


Der Himmel - pures Blau <3
Und jetzt – quasi zum Abschluss dieser Reisebericht-Episode – eine Bemerkung zum Himmel auf den Fotos.
Ist Dir, geschätzter Leser, werte Leserin, aufgefallen, dass auf keinem einzigen Foto die Spur eines Flugzeugs zu sehen ist?
Das liegt nicht etwa daran, dass ich peinlich genau darauf achte, Kondensstreifen auszublenden, sondern daran, dass es seit wir in Georgien eingereist sind und teilweise wolkenlosen Himmel haben, absolut keine Flugzeuge am Himmel hat. Ich versuche immer wieder Flugzeuge auszumachen...aber da sind schlicht keine! Doch, die vier Luftwaffen-Flieger bei Saratov und einmal ein Verkehrsflugzeug, das wir in Nordgeorgien am Himmel seinen weissen Streifen hinter sich herziehen sahen...und heute erkannten wir ein Flugzeug im Anflug auf den Flughafen von Aqtöbe. Aber sonst: NICHTS!
Das ist für mich, der ich seit zwanzig, dreissig Jahren nie einen Himmel ohne Kondensstreifen gesehen hatte, eine ganz neue Erfahrung. Deshalb ist wohl der Himmel auch immer so schön blau und jungfräulich klar. Deshalb gibt es hier nirgends Schleierwolken. Deshalb ist der Sternenhimmel in der Nacht so wunderschön und klar – abgesehen von der vielerorts abseits der Agglomerationen fehlenden Lichtverschmutzung. Es ist traumhaft!


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