Voraussichtliche Reisedaten

Freitag, 24. Mai 2019

24. Mai 2019 | Туркистан (Türkistan) - Боген (Bogen) (KZ) | 70 km

Ein Schwarztee mit Milch(Pulver) und viel Zucker am Morgen vertreibt Kummer und Sorgen…;)

Bei Tageslicht betrachtet standen wir die Nacht über an einer Seitenstrasse, die zu einem kleinen Weiler direkt hinter dem Наби Ата Кафе (Nabi Ata Café), unserem TIR-Parkplatz für die vergangen Nacht, lag. Da die Häuser in der Nacht nicht beleuchtet waren hatten wir sie gestern Nacht nicht gesehen. Ebenfalls war uns entgangen, dass Albert, der Betreiber des Café, Unternehmer mit drei Sattelschlepperzügen und mehreren Baggern sowie Lastwagenmechaniker in Personalunion zwei Gruben im Boden eingelassen hatte, um von unten an die Fahrzeuge heran zu kommen. Diese Gruben waren in keiner Weise gesichert und ich war froh, sie nicht überfahren zu haben...das hätte einen grösseren Schaden bewirkt und uns für lange Zeit festgesetzt.

Albert und Akim bei der Service-Grube
Als ich die Tür des Shelters öffnete war Albert gerade mit seinem Sohn Akim, der als Chauffeur amtet, daran, einen Volvo-Schlepper zu warten und einen Ölwechsel vorzunehmen. Er winkte mich zu ihm und wir schnackten ein wenig über die Kennzahlen unserer Fahrzeuge und er wollte ein paar Dinge über die Schweiz wissen, die ich ihm so gut es ging erklären konnte.








Angesichts der Tatsache, dass da diese Gruben waren, schlug Lorenz vor, darüber zu fahren und eine Inspektion der Unterseite unseres Muni vorzunehmen. 


















Auffangbecken für Ölwechsel...so geht es auch
Also stieg er, nachdem er der Lastwagen über die Vertiefung im Boden gefahren hatte, in die Grube, was angesichts des dort liegenden Unrats gar nicht so einfach war. Er musste aufpassen, nicht im Sumpf einzusinken und sich bis zu den Knöcheln mit Öl und Fett zu beschmieren.
Von unten erkannte er, dass sich am Differential an der Hinterachse die lastabhängige Bremskraft-Einstellung gelöst hatte und somit die automatisch an das Gewicht des Fahrzeugs angepasste Bremskraftregelung nicht mehr funktionierte. Bei genauerem Hinsehen erkannten wir, dass das Gewinde, mittels dessen das Gestänge in einer Buchse eingeschraubt war, ausgeleiert war und nicht wieder befestigt werden konnte.

Schweissarbeit bei der Hinterachse
Das war DIE Gelegenheit die mitgeführte Schweissanlage zum ersten Mal zu benutzen und auch zu testen, ob unser Generator überhaupt genügend Leistung erbringt um zu schweissen.
Also starteten wir den Generator, hängten alle Batterien des Fahrzeugs ab – damit sie durch den Strom, mit dem die Schweissanlage arbeitet, keinen Schaden nähmen – und machten zuerst an einem herumliegenden Stück Stahl einen erfolgreichen Schweiss-Versuch. Dann ging's an die Reparatur und Lorenz setzte ein paar Schweisspunkte. Die vorgängige Prüfung mit einem Magneten ergab zwar klar, dass es sich um Stahl handelte – aber die Buchse an sich war aus Aluminium mit einer eingepressten Mutter aus Stahl, sodass sie ein wenig gelitten hat unter dem starken Strom und der entstandenen Hitze. 

Sicherung mit Kabelbindern...da hätte die MfK keine Freude
Zur Sicherheit zurrte er danach das Gestänge mit Kabelbindern notdürftig fest. Wie später eine Überprüfung durch Bremsen und Kontrolle der allfälligen Hitzeentwicklung an den Bremstrommeln ergab hatten wir das Problem mindestens vorübergehend gelöst.
Wir vermuten, dass die automatische Bremskraftregelung bei unserem konstanten Gewicht keine grosse Rolle spielen dürfte...aber ein herunterhängendes Gestänge wollten wir nicht dulden. So ist die Angelegenheit bis auf Weiteres erledigt – wir müssen die Stelle aber regelmässig vor der Abfahrt kontrollieren, also diese Reparaturstelle beim täglichen Rundgang um's Fahrzeug berücksichtigen.
Sonst in der Iveco in einem tadellosen Zustand – kein Wunder, gilt er doch hier in Zentralasien mit seinen mittlerweile knapp über 90'000 km als neuwertig.

Wir durften anschliessend noch Wasser und eine Bürste mit langem Stiel für die Wäsche unserer arg verschmutzten Windschutzscheibe von Albert ausleihen, wonach er uns zu einem Tee in sein Restaurant einlud. Hier erfuhren wir mehr über sein Geschäft. Er hatte z.B. den Volvo-Sattelschlepper in Holland gebraucht, mit einer Million km auf dem Zähler, für 80'000 US$ gekauft und sein Sohn Akim fährt damit zwischen April und Oktober regelmässig die Strecke Tashkent (Usbekistan) – Moskau, für die er jeweils drei Wochen pro Weg braucht. Auf dem Weg nach Moskau transportiert er Kohl, von Moskau bringt er Kosmetika nach Tashkent. In den sieben Monaten erwirtschaften Vater und Sohn mit diesem Lastwagen auf wahrscheinlich 4 bis 5 Touren rund 20'000 US$. Die Strecke Taschkent-Moskau beträgt rund 3400 km.
Sein gelber 18-Tonnen-Камаз-Bagger hat ihn neu 33'000 US$ gekostet und er kann pro Tag 100 US$ für dessen Einsatz berechnen...oder pro Stunde 18 US$.

Albert und Xoff
Er wollte uns einen Eruopa-Strassenatlas zum Abschied schenken, aber wir hatten bereits einen – wir schenkten ihm jedoch einen Schweizer Sparschäler, über den er sich sehr freute. Seine vierte Frau, mit der er vier Kinder hat (er selber ist 50 Jahre alt) werde sich darüber freuen, meinte er.









Einkaufen in торткул
Wir verabschiedeten uns und machten uns auf den Weg Richtung Shimkent, der südlichsten kasachischen Stadt kurz vor der Grenze zu Usbekistan. Lorenz schlug vor, heute abseits der grossen Strasse einen guten Platz zu suchen und dafür in торткул (Tortkul) nach Südwesten abzubiegen. In der kleinen Ortschaft, die mehr ein kleiner Handelsplatz denn eine Siedlung ist, kauften wir im auf's Minimum reduzierten Markt vor der grossen Markthalle, die wohl nur an grossen Markttagen genutzt wird, das Nötigste ein und bogen auf die Strasse zweiter Klasse ab, die sich als erstaunlich komfortabel erwies. 



Das Heu muss vor dem Regen eigebracht werden

Nach etwa 25 km sollte linkerhand bei der Ortschaft Боген (Bogen) ein See in Sicht kommen, den wir dann auch wirklich von einer Anhöhe aus sahen und über einen recht rumpligen Feldweg erreichten.
Wir erreichten die Staumauer von der südlichen Seite her und fuhren bis zum Staudammwärterhäuschen, neben dem ein Schlagbaum die Weiterfahrt verhinderte. Ein freundliches Tröten schreckte zuerst den wild bellenden Hund (ich LIEBE es!) und dann den Wärter Мирболат (Mirbolat) aus dem kleinen Häuschen, der uns freundlich begrüsste und unsere Frage, ob wir hier eine, zwei Nächte bleiben dürften, sofort mit einem Да (Ja) beantwortete. Der Hund war darüber glaub nicht so erfreut...oder vielleicht bellte er auch aus Vorfreude auf allfällige Leckerli. Er hörte kurzzeitig auf, als der Wärter seinen Schlagstock hervor nahm und ihn damit verscheuchte...der Golden Retriever-Verschnitt muss diesen Stock gut kennen, sonst wäre er nicht zurückgetreten.

Wir luden Мирболат in unseren Schelter ein und zeigten ihm den Ordner mit den Fotos unserer Familien – einen Tee lehnte er jedoch ab mit dem Hinweis, dass er Ramadan mache.
Aus dem Gemüse, das wir in Tortkul eingekauft hatten, zauberte Lorenz einen feinen Salat, den wir danach gemütlich am Tisch im Shelter genossen, während es draussen immer mehr windete und die Regenwolken, die schon den ganzen Tag bedrohlich am Himmel hingen, immer näher kamen. Etwas später begann es dann zu regnen...schauen wir mal, wie lange wir es hier am türkisblau leuchtenden Stausee aushalten…;)

Ich hoffe, ein paar Präriehunde vor die Linse zu bekommen, vielleicht auch einige dieser riesigen Käfer und wenn möglich einen der hier vorkommenden wunderschön blau und orange leuchtenden schwalbenähnlichen Vögel. Bei Regen und dem starken Wind ist es jedoch draussen nicht besonders gemütlich…;)

Zum Abendessen luden wir Мирболат ein...es gab Doioioings mit Tomatensauce um genau 20.48 Uhr, denn Мирболат ist Moslem und er hält sich an die Regeln des Ramadan, essen also erst nach dem Sonnenuntergang, der übrigens heute trotz Bewölkung sehr schön war.

Abendstimmung am Stausee von Боген
Hier am Stausee hat er erwartungsgemäss viele Mücken, so dass ich mein mitgebrachtes MükoRex® vom Tropeninstitut ansetzte und kurzerhand dem Fliegenvolk den Garaus machte. Ein paar Spritzer und alle geflügelten Mitbewohner fielen buchstäblich wie tote Mücken vom Himmel.











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