Der erste Tag, an dem ich absolut keine Lust auf einen Schwarztee mit Milch(pulver) und viel Zucker hatte...ja...ich war krank. Muss wohl gestern etwas gegessen haben, das mir nicht bekommen ist und mir im Darmtrakt – ich erspare den LeserInnen jegliche Details – gewisse Schwierigkeiten verursachte. So war ich heute – gelinde gesagt – etwas reduziert und liess Lorenz fahren und alles machen, das mich irgendwie beansprucht hätte.
Das Wetter lümmerste sich überhaupt nicht um meine Verfassung und bescherte uns einen sonnigen, heissen Tag, den wir grösstenteils in der Kabine des Muni verbrachten. Unsere Strecke führte uns entlang der Grenze zu Usbekistan über Uzgen und Dschalalabad nach Arslanbab, einem kleinen Dorf am Ende eines Tals und am Fuss einer Bergkette, die ein wenig an Eiger, Mönch und Jungfrau erinnerte.
Aber eins nach dem anderen.
zwei Hühner in der Abfalltonne am Schlemmen |
Unser Nachtplatz von letzter Nacht, gleich neben dem Restaurant gelegen, wo ich mir mit grosser Wahrscheinlichkeit meine Verstimmung geholt hatte, bot eine olfaktorische Besonderheit, die wir leider erst zu spät entdeckten: gleich hinter unserem Shelter lag der Platz, wo die Abfälle des Restaurants entsorgt, resp. Bis zu deren Abtransport in aufgeschnittenen Ölfässern gelagert wurden. Als wir den Muni dort parkten war nichts von der Geruchsbelästigung zu verspüren...aber am Morgen, als die Abfälle des Vorabends von einer grösseren Gesellschaft bereits mehrere Stunden Zeit hatten, den Gährungsprozess und die Zersetzung zu beginnen, überraschte uns und vor allem mich mit meinem Unwohlsein eine eher unangenehme Überraschung.
Die zwei Hühner und der kleine – jööö – abgemagerte Strassenköter empfanden das aber gar nicht so und machten sich genüsslich über Reste her, die in ihrem Sinn noch geniessbar waren.
Wir hingegen machten uns so rasche es ging abfahrfertig und düsten besseren Gerüchen entgegen.
Jurte am Strassenrand |
Wir fuhren zwar auf einer Hauptachse des Landes von Osh nach der Hauptstadt Bischkek, der Belag liesse aber eher vermuten, dass es sich um eine seit Jahrzehnten nicht gepflegte Nebenstrasse handeln könnte. Lorenz und ich oszillierten auf unseren Federsitzen auf und ab wie Kinder an den Gummiseilen der beliebten Attraktion, wo man in einen Sitz geschnallt wird und dann an den Seilen auf und ab schwingt und sich unten auf einer Art Trampolin abstossen kann. Ab und zu wurde die Strasse durch eine Baustelle unterbrochen, wo dann der Belag fehlte und erstaunlicherweise das Fahren viel ruhiger und angenehmer war.
In Uzgen überholte uns plötzlich ein Motorrad unter Hupen und Winken der beiden Passagiere: es waren Roman und seine mittlerweile eingeflogene Freundin Julia, die nun für zwei Wochen quer durch Kirgisistan fahren, bevor er mit seinem Freund Florian weiter fährt Richtung China, Pakistan, Indien, usw. Wir lernten kurz Julia kennen und quatschten ein wenig, bevor wir alle weiterfuhren.
Nicht viel später noch einmal das gleiche Spiel – diesmal waren es Florian und Verena, die uns überholten. An einer stillgelegten Tankstelle hielten wir alle an, begrüssten uns und schnackten wieder ein wenig. Auch dieses Paar, seit gestern, als die beiden Frauen der beiden Freunde gemeinsam hergeflogen waren, für zwei Wochen vereinigt, fährt nun vierzehn Tage quer durch dieses Land.
Der Diesel in Usbekistan soll so schlecht sein, dass man auch gleich Super-Benzin tanken kann. Stillgelegte Tankstelle bei Dschalalabad. |
Ich denke, wir werden alle vier mindestens noch einmal antreffen, sehr wahrscheinlich zusammen mit Vreni und ihrem Vater Werner aus Nidwalden, die ebenfalls noch zwei Wochen hier mit ihren Motorrädern die Gegend unsicher machen.
Das Tal von Arslanbab mit Fussgängerbrücke |
Ertaunlich an der heutigen Etappe war, wie sich die Landschaft veränderte. In den Städten und Dörfern, die meist in einer Talsenke liegen, herrscht üppiges Grün vor, werden die Gärten und Felder bewässert. Ausserhalb, auf den Hügeln und hinter den kleinen Pässen, wo nicht bewässert wird, ist die Landschaft durchweg braun und trocken, die Gräser bereits verdorrt und die Erde oft rissig und staubig.
Autowäsche auf Kirgisisch |
In den Tälern hat es oft Seen, künstliche und natürliche, die den Wasservorrat für die Bewässerung bilden. Gespiesen werden sie von den Flüssen und Bächen, die aus den nahen Bergen ins Tal fliessen und oft braun von den mitgeführten Schwemmstoffen sind.
Pferde auf der Weide bei Arslanbab |
Als wir nordwestlich von Dschalalabad, das wir umfahren haben, in ein Seitental abbogen, wurde die Landschaft wieder etwas abwechslungsreicher, denn hier grünte es ausgesprochen stark. Der Fluss, dessen Namen ich nicht in Erfahrung bringen konnte, mäandrierte in seinem breiten Bett um die Sandbänke, die ein schier unerschöpfliches Reservoir an Baumaterial bereithalten. In den Dörfern die gewohnten gut gepflegten und bewässerten Gärten, dazwischen Felder mit Getreide, die im Gegensatz zu den Schweizer Getreidefeldern viel weniger nach intensivem Einsatz von allerlei Vertilgern aussehen und an den Hängen oft trockenes Grasland, oft aber auch Haine von Walnussbäumen.
Walnuss-Tunnel im Tal von Arslanbab |
Die Walnuss soll aus dieser Gegend um Arlsanbab stammen und Alexander der Grosse soll sie nach Griechenland mitgebracht haben, von wo sie sich über die ganze Welt ausbreitete, resp. ausgebreitet wurde. In ihrer grössten Ausdehnung sollen die Walnusswälder hier in Kirgisistan einmal rund 6000 km² gross gewesen sein, was etwa einem Siebtel der Fläche der Schweiz entspricht. Heute sind es noch 110 km², immer noch eine stattliche Grösse. Walnussbäume wachsen hier überall. Besonders schön sind die Baum-Tunnels in den Dörfern, in denen es wegen des dichten Blattwerks ziemlich dunkel ist und die einen sehr angenehmen Schatten spenden.
Gründe für den Rückgang der Walnussbäume sind vor allem die Abholzung wegen der hohen Qualität des Holzes – wer möchte nicht gern ein Walnussmöbel?¿? - und besonders wegen des hohen Preises, den die Knollen an den Stämmen auf dem Holzmarkt erzielen. Diese sind besonders beliebt und oft werden Bäume nur wegen ihres schön grossen Knollens gefällt. So ein Knollen kann bis zu 1000 US$ einbringen!
unser Nachtplatz |
Als wir an unserem Ziel, dem Dorf Arslanbab, ankamen und auf den Dorfplatz fuhren merkten wir schnell, dass es hier viel zu eng und bevölkert war für unser grosses Fahrzeug. Also besorgte ich schnell einen Laib Brot und wies danach Lorenz am Steuer des Muni aus der Enge des Dorfplatzes wieder auf die Hauptstrasse...und wir fuhren wieder aus dem Dorf hinaus. Ausgangs Dorf hatten wir nämlich einen schönen Platz am Bachufer entdeckt, der sehr gut als Nachtplatz geeignet wäre. Bereits mehrere Familien assen dort oder verbrachten einfach Zeit miteinander, dazu grasten Pferde und Kühe auf der Wiese und der Bach rauschte friedlich.
Lausbub #1 |
Ich schoss ein paar Fotos, wir kontrollierten die Radmuttern, die bombenfest sassen, spielten ein paar Partien Backgammon und genossen ein leichtes Süppchen zum Abendessen. Als ich mich drausen auf meinen Campingstuhl setzte, kamen ein paar Kinder aus dem Dorf vorbei und schauten mir beim Entwickeln der Fotos zu. Ich durfte in paar Fotos von ihnen schiessen und liess mich von ihnen mit meiner Kamera ablichten. Es kamen wunderschöne Fotos dabei heraus.
Lausbub #2 |
Lausbub #3 |
Portrait by Lausbub #2 |
Portrait by Lausbub #1 |
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