Voraussichtliche Reisedaten

Donnerstag, 27. Juni 2019

27. Juni 2019 | Чолпон-Ата (Tscholponata) - Каракол (Karakol) (KG) | 152 km

Das Aufstehen heute war kurz, früh und schmerzlos. Wir mussten nämlich den Standplatz bereits um 7 Uhr verlassen...wahrscheinlich weil der Russe, der uns gestern Abend den Platz auf dem Gelände der Wasserbaufirma zur Verfügung gestellt und die Übernachtungsgebühr von umgerechnet 4 Franken eingestrichen hatte, keine Berechtigung dafür hatte und vom Chef nicht erwischt werden wollte.

Aussicht von der Anhöhe aus

Also standen wir kurz vor Sieben auf, fuhren vom Gelände und stellten den Lastwagen keine 100 m entfernt auf eine kleine Anhöhe, wo wir in Ruhr frühstücken konnten. Natürlich gab's den obligaten Schwarztee mit Milch(pulver) und viel Zucker und dazu, da ja der Schénératör schon lief, noch feinen Toast.

Weil wir gerade im Schuss waren wollten wir das Luftleck, das seit der letzten Reparatursession in Osh wieder aufgetaucht war, beheben. Wir wussten ja, wo die Luft entwich und kippten voller Elan die Kabine ab und Lorenz zog die Schraube am Regler für die Differentialsperren wieder an...aber oh weh!…diese drehte durch und liess sich nicht mehr zuverlässig festziehen!
Scheinbar war das Innengewinde ausgeleiert. Was der Grund dafür sein könnte konnten wir nur vermuten – es war wohl in erster Linie eine Alterserscheinung und wir vermuteten, dass der Lastwagen wohl bei der Deutschen Armee mehrmals im Jahr zu Übungszwecken einer Wartung unterzogen worden ist und bei diesen vielen Manipulationen das Gewinde nach und nach ausgerissen war.

Wir hatten nun also ein grösseres Problem, denn der Druckluftzugang zu diesem Regelmechanismus liess sich nicht mehr festziehen und es entwich dauernd Luft. Zwar würde der Kompressor diesen Verlust wett machen können – aber ein so grosser Druckluftverlust ist nervend wenn jedes Mal wenn der Motor für ein paar Minuten ausgeschaltet war mehrere Minuten gewartet werden musste bis der Betriebsdruck wieder erreicht war wenn man losfahren wollte.

Die einzige Lösung, die uns in den Sinn kam war, die Druckluftleitung zum Verteiler ganz zu kappen und zu verschliessen. Damit haben wir nun keine Möglichkeit mehr, die Differentialsperren einzuschalten. Diese werden nur im schweren Gelände gebraucht und da wir bisher noch nie darauf angewiesen waren gingen wir dieses Risiko ein. Das normale Fahrverhalten wird dadurch in keiner Weise gestört. Allerdings würden wir ein Problem bekommen wenn wir im Schlamm stecken oder in sehr unwegsamem Gelände unterwegs sein würden. Da wir solchen Situation aber auch bisher immer aus dem Weg gingen und meist auf Strassen fuhren, wo die Differentialsperren nicht eingeschaltet werden mussten, konnten wir uns getrost auf diese Lösung einlassen. Im schlimmsten Fall könnten wir das defekte Teil wieder einbauen und die schwierige Passage mit den verschmerzbaren Druckluftverlust fahren und sie danach wieder ausbauen. Das wäre allenfalls mit einem Zeitverlust verbunden...aber Zeit haben wir ja genügend…;)

Die offene Leitung musste natürlich geschlossen werden um sie vor Staub und Schmutzwasser zu schützen, was wir mit einer Hilfskonstruktion mit Draht machten. Zerftifizierte Lastwagenmechaniker mögen uns diese dilletantische Lösung verzeihen aber es ging im Moment einfach nicht anders.
unsere Hilfskonstruktion zur Sicherung der Schraube

Als wir um 9 Uhr losfuhren, nachdem Lorenz die Wasserqualität mit ein paar Zügen Freistilschwimmens im Yssykölsee getestet und für gut befunden hatte (ich pflege frühmorgens nicht über Gebühr mit Wasser in Kontakt zu kommen...das schadet meinem Teint), meinte er: «Huch, so früh waren wir ja noch nie unterwegs!»

Es lag eine rund 150 km lange Strecke dem See entlang vor uns, die leider keine nennenswerten Besonderheiten aufwies und uns von einem Dorf zum nächsten führte. Zwar waren da immer wieder recht schöne Panoramen in etwa immer der gleichen Konstellation zu sehen – aber wegen des Gegenlichts und der schieren Unmöglichkeit, solche Ansichten wirkungsvoll mit einer Kamera festzuhalten gibt es nur ein Foto davon.

nicht sehr wirkungsvolles Foto des Panoramas Richtung Tienshan-Gebirge

Viel lustiger fand Lorenz meine Foto-Position und ich musste sie noch einmal ohne Kamera in der Hand einnehmen, damit er mich, resp. Meinen Hintern von hinten fotografieren konnte. Ich finde, es sieht eher bescheuert aus...aber er fand's total lustig. Also machte ich ihm die Freude. Freude ist ja etwas schönes..;)

scheinbar lustige Hinter(n)-Ansicht 

Da wir bereits kurz nach Mittag in Karakol abgekommen waren blieb uns ein halber Tag, den wir zum Ausspannen nutzten. Wir stellten den Muni vor das Hostel, in wir dem Vreni und Werner treffen würden und liessen den Nachmittag ruhig angehen.

Gegen Abend kamen die beiden Motorrad fahrenden Innerschweizer an und wir assen etwas später in einem nahen Restaurant gemeinsam mit Sandro, einem Luzerner Radfahrer, der auf dem Weg nach Japan ist, zu Abend.

In dem Restaurant fand eine Feier statt, was sich negativ auf unsere Bestellung auswirkte: die Gerichte kamen einzeln im Abstand von etwa einer Viertelstunde. Aber wir hatten viel zu erzählen und reden, so dass die Verzögerung sich nicht auf unsere Stimmung auswirkte. Ganz anders wurde es als die Musikanlage im Garten, wo wir assen, eingeschaltet wurde und die Feiernden zum Tanzen animiert werden sollten. Die Lautstärke war so gross, dass wir kein Wort mehr verstanden und die Gemütlichkeit ein abruptes Ende nahm.

Während Vreni und Lorenz sich zum Backgammonspielen zurückzogen genehmigten wir drei Anderen uns einen Schwarztee im Hostel und trafen dort zwei Slowenische Motorradfahrer, die von ihren abenteuerlichen Fahrten in der Gegend erzählten. Sie fuhren seit Tagen auf kleinen Strassen und Pässen im Tienshan-Gebirge teilweise gefährliche Routen und kamen so in verlassene Gegenden im Hochgebirge mit atemberaubenden Panoramen und grossartigen Landschaften. Solche Routen sind fast nur mit geländegängigen Motorrädern zu bewältigen, da die Wege zum Teil sehr schmal und mit vielen Hindernissen versetzt sind. Die Fotos, die sie uns zeigten, waren aber sensationell.

Morgen wollten wir eigentlich auf den Pferdemarkt, resp. Viehmarkt...aber dieser findet nicht wie angenommen am Freitag, sondern am Sonntag statt. Das ist in drei Tagen. Ich bin mir nicht sicher, ob ich bis dahin hier, an einem ziemlich uninteressanten Ort, so lange warten will.
Alternativen würden sich – wie das Beispiel der Slowenen zeigt – in der Umgebung anbieten..aber ob diese für uns mit unserem grossen Fahrzeug machbar sind wage ich zu bezweifeln.

Im Moment bin ich etwas hin und her gerissen zwischen gemütlichem und langsamem Verbleiben in der Region und dem Weiterfahren Richtung Kasachstan. Das Verbleiben in der Gegend würde bedeuten, dass wir in ein Tal fahren, einen Pass erklimmen oder am See einen Platz suchen und dort einfach Zeit verbringen würden. Mir kommt es gerade eher als Herauszögern vor denn als Reisen. Auf einem Pass, in einem Tal oder am See sitzen reizt mich gerade gar nicht und ich muss eigentlich auch nicht einfach irgend eine holprige Strasse befahren nur um dort gewesen zu sein und ein weiteres schönes Panorama gesehen zu haben. Man merkt vielleicht, es fehlt mir gerade ein wenig an Motivation, was bestimmt eine Folge der Übersättigung mit schönen Aussichten und schwierigen Strassen zu tun hat. Oder klar ausgedrückt: ich habe es gesehen. Es braucht jetzt eine neue Motivation, etwas, das mich antreibt und mir Lust macht.

Ich hoffe, morgen, nach dem Schlafen, motivierter zu sein.

Motivationsziege?

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